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Töne der Freiheit – geblasen mit heißem Atem
„So viel
Fröhlichkeit und so viel Musik“ schwärmt die Kunststudentin auf dem Offenburger
Marktplatz. Zufällig ist sie dahin geraten. Mit der Posaunenszene war sie noch
nie in Berührung gekommen. Ja, es lohnt sich, mit den Tönen der Freiheit mitten
in die Stadt zu gehen auf die Plätze. Dahin, wo Menschen sich tummeln und auch
solche erreicht werden, die garantiert niemals in eine Halle gekommen wären. So
sprechen das auch die Oberbürgermeisterin Edith Schreiner und unser
Landesobmann Ulrich Fischer bei der Begrüßung im märchenhaft schönen
Vinzentiusgarten aus ihrer je eigenen Sicht aus. In Schwung gebracht von einer
regionalen Bläsergruppe verweist die kommunale Gastgeberin auf die
demokratischen Freiheitsrechte, die im Jahr 1847 von Offenburg aus von den
„Verfassungsfreunden“ eingefordert wurden. Versammlungs- und Religionsfreiheit
gehören dazu Beides ist uns hierzulande längst zur Selbstverständlichkeit
geworden. Christlichen Glauben und christliche Werte in aller Öffentlichkeit selbstbewusst
zu vertreten, das sei eine wesentliche Voraussetzung für Toleranz dann auch gegenüber
anders Glaubenden. Auf die „herrliche Freiheit der Kinder Gottes“ einzugehen,
wird dann im zentralen Sonntagsgottesdienst Sache der Predigt von Ulrich
Fischer. Bei der Eröffnungsveranstaltung geht es ihm erst einmal darum, sich
bei der Oberbürgermeisterin und all den hilfreichen Geistern der Stadt dafür zu
bedanken, dass der Landesposaunentag derart willkommen geheißen wird und in der
Vorbereitung so viel städtische Unterstützung erfahren hat.
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Das abendliche Eröffnungskonzert, in der Stadtkirche musiziert vom Mittelbadischen Bläserkreis und dem Südbadischen Bläserensemble, gerät auch gleich zum ersten musikalischen Höhepunkt. Mit Traugott Fünfgelds Symphonischer Suite Nr. 2 für Blechbläser, Klavier und Pauken sowie Jens Uhlenhoffs Suite in Es für Blechbläser, Schlagzeug und Vibraphon kommen zwei Werke zur Uraufführung. So viel Originalität gleich zu Beginn! Beide Werke bieten Gegenwartsmusik im besten Sinne: Nicht avangardistisch abgehoben, vielmehr bei allen überraschenden Rhythmen und auch harmonischen Ausflügen in weniger bekannte Regionen geht doch nie die Verbindung zu bläserisch gebildeten Hörgewohnheiten verloren. Dazu stimmen denn auch die meditativen Lesungen aus Thomas Weiß‘ eigener Feder, Texter auch des Mottoliedes. Die Seite 37 im vorzüglich übersichtlich gestalteten Programmheft bekommt bald Eselsohren, so oft wird das Lied während der Festtage aufgeblättert und gesungen.
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Ins große Format geht es dann am Samstag mit der Eröffnungsfeier auf dem heißen Pflaster des Marktplatzes. Da sind sie unterdessen aus allen Himmelrichtungen zusammengeströmt „aus den Dörfern und aus Städten“ von Wertheim bis Lörrach, von Konstanz bis Mannheim. Erstmals erklingt das „Töne-der-Freiheit-Lied“ in imposanter Klangfülle. Diese Fülle ist es eigentlich, diese Intensität, nicht so sehr die Lautstärke, die das besondere Klangerlebnis ausmacht.
Weltliche und geistliche Grußworte geben viel Gelegenheit zu Zwischenmusiken und Liedern, bei denen sich großer und kleiner Chor (verschiedene Badische Auswahlchöre), auch Jungbläser unter wechselndem Dirigat der beiden Landesposaunenwarte Heiko Petersen und Armin Schaefer gegenseitig Freiheitstöne zublasen können. |
Am Nachmittag geht es überaus bunt her. Verschiedenste Bläsergruppen tönen „auf den Straßen, auf den Gassen“. Workshops in Kirchen, Sälen und im Freien (Alphörner!) stehen zur Wahl, zwischendurch auch die diversen Eisdielen entlang der Hauptstraße oder auf dem Lindenplatz.
Die Jugend macht sich derweil auf Erkundungstour durch die Freiheitsstadt. Sie blasen zwar keine Mauer um, versuchen sich aber z. B. darin, mit Bällen über die Stadtmauer in eine Tuba zu treffen. Auf dem Marktplatz sind für deutsche Ohren imposante, wenn auch etwas ungewohnte arabische Klänge einer palästinensischen Gastgruppe zu hören. |
Einen weiteren mit Spannung erwarteten Höhepunkt bildet das abendliche Open-Air-Konzert mit Musik von Giovanni Gabrieli bis zu den Improvisationen von Rüdiger Baldauf. Eine erste Kostprobe seiner Kunst liefert der bekannte Jazztrompeter bereits bei dem aparten Zusammenspiel mit dem Großen Chor, als Traugott Fünfgelds „Rock my soul“ erklingt. Apropos Traugott Fünfgeld. Da wird folgendes kolportiert: Unter den jugendlichen Bläser/innen aus Palästina, die der Herforder Verein „Brass for Peace“ mit eigener Verstärkung nach Offenburg begleitet hat, macht die Runde, als bei ihnen in Bethlehem ein Fünfgeld-Stück auf die Notenständer kommt: „Ist das derselbe, der auch das (bei der dortigen Bläsergruppe höchst beliebte) ‚Halleluja‘ komponiert hat? – Ja, den könnt Ihr dann in Offenburg auch frei rumlaufen sehen! – Was, der lebt noch?“ (Man kann’s ja verstehen: Je lauter einer in Palästina tönt, desto kürzer ist seine Lebenserwartung …).
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Einen eigenen, mit viel Fleiß einstudierten Konzertteil tragen die vereinigten Jugendposaunenchöre bei: Der Landesjugendposaunenchor Württemberg sowie die beiden Jugendposaunenchöre aus Nord- und Südbaden unter der wechselnden Leitung von Landesposaunenwart KMD Ulrich Nonnenmann und Posaunenreferentin Regina Graeber, Heiko Petersen und Armin Schaefer.
Bevor es am späteren Abend dann so richtig fetzig abgeht mit Rüdiger Baldauf und seiner Band „Own Style“, versetzt Oberkirchenrat Kreplin die Versammelten mit seiner Abendandacht in eine ganz anders geartete Verfassung. Diese Zäsur tut gut, dieses behutsame Hinüberführen in einen ruhigeren Atem. Das haben viele so empfunden. Erstaunlich, wie nach so viel Aktion und so vielen Tönen ein Marktplatz für eine bestimmte Zeit zur Oase der Ruhe werden kann. „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen – Der Herr segne deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit.“ |
Zu nächtlicher Zeit verschwinden die Jugendlichen im „Grimmels“ und rollen auf dem Schulboden ihre Isomatten aus. Andre finden ihr Nachtlager in einem der zahlreichen Privatquartiere. Wie man hören kann, kommen auf diese Weise manche neue, fröhliche Bekanntschaften zustande. Für die örtlichen „Bodentruppen“ ist das die Zeit des Aufräumens und Umbauens. Der richtige Ort, um all den fleißigen Köpfen und Händen der äußeren und inneren Organisation dieses Großereignisses ein herzliches Dankeschön zu sagen. Die Mannheimer, Lörracher, Pforzheimer und Wertheimer wissen noch, was das heißt – die Offenburger wissen’s jetzt auch. Drei Namen sind herausragend zu nennen: Heiko Petersen, Traugott Fünfgeld und Christof Wettach, dazu Axel Becker, der ja jedes Mal von der Geschäftsstelle aus kräftige Zuarbeit leistet! Eine ganz große Hilfe war die gesamte Vorbereitungszeit über auch Jochen Martin, der „Event-Beauftragte“ der Landeskirche.
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Sonntag. Zentraler Gottesdienst auf dem „Platz der Verfassungsfreunde“. Schon zu Beginn ein eindrucksvolles Bild. Wo einst deutsche, später französische Soldatenstiefel auf dem Exerzierplatz dröhnten, bietet sich jetzt ein Bild des Friedens und der Freiheit – welch eine Konversion: Schwerter erscheinen umgeschmiedet zu Instrumenten, und die blasen Töne der Freiheit und der Hoffnung!
Dieses Bild wird in der Erinnerung haften bleiben. Ebenso wie auch die körperliche Erinnerung an die brutale Hitze. Da hat zu 40 Grad im Schatten nicht mehr viel gefehlt. Und wie heiß war es erst in der prallen Sonne! „Grenzwertig“ ist das noch vorsichtige Wort, das überall zu hören war – eine außerordentliche konditionelle Leistung aller Beteiligten! |
Die Predigt von Landesobmann Ulrich Fischer rückt das Wort des Apostels Paulus aus dem Galaterbrief (5,1) in die Mitte, schaut von da aus in den Tag und in die Welt: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen.“
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Zeitgleich findet ein Jugendgottesdienst mit Landesjugendpfarrerin Ulrike Bruinings und dem für Popmusik zuständigen Christoph Georgii unter der musikalischen Leitung von Landesposaunenwart Armin Schaefer statt - im weiten Schatten hoher Bäume vor der Auferstehungskirche.
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Am Nachmittag dann der Abschluss mit Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh. Die Sonne steht still und prall über Offenburg. Die leeren Bänke im hinteren Chorbereich zeigen: Da sind nicht wenige abgereist, weil sie die Hitze nicht mehr aushalten. Andere sind wohl aus demselben Grund gar nicht erst angereist. So müssen die Teilnehmerzahlen gegenüber allen Ankündigungen und Erwartungen deutlich zurückgenommen werden.
Für diejenigen jedoch, die eisern ausharren wird der Abschluss zu einem beeindruckenden Finale. Drei „Thematische Impulse“ (biblisch, weltweit, persönlich) bringen noch einmal die Botschaft von der „Freiheit eines Christenmenschen“ zum Ausdruck. Drei neue Chöre können mit bischöflichem Handschlag begrüßt und aufgenommen werden. „Herr, wir stehen Hand in Hand“, das alte Bekenntnislied, das Erkennungslied der Posaunenarbeit darf an dieser Stelle nicht fehlen, erinnert es doch an Zeiten der Freiheitsbedrohung durch die nationalsozialistische Ideologie, daran, wie wenig selbstverständlich es ist, dass wir heute „Töne der Freiheit“ in aller Öffentlichkeit blasen dürfen! |
Landesobmann Ulrich Fischer lädt schließlich ein zum Deutschen Posaunentag 2016 in Dresden und zum nächsten Badischen Landesposaunentag 2019 in Bruchsal.
Das Choralblasen am schattigen Ausgang des Platzes gibt all den vielen Heimkehrenden ein klangvolles, geistliches Geleit. Mit dem letzten Akkord von „Gloria sei dir gesungen“ klingt der 28. Badische Landesposaunentag in Offenburg aus. Pfarrer i. R. Wilhelm von Ascheraden ehemaliger Landesobmann der Badischen Posaunenarbeit |